Meijerhof in Engter
 

Der Umbau des alten Kornspeichers

Der alte Speicher des Meijerhofes in Engter kann als ein gut erhaltenes Beispiel ländlicher Baukunst genannt werden (vgl. u.a. Warnecke 1958). Auf dem aus mächtigen Bruchsteinen aufgeschichteten Unterbau, welcher vermutlich der „Überrest“ eines mittelalterlichen Steinwerks ist, wurde 1711 ein zweistöckiger und nach allen Seiten vorkragender repräsentativer Fachwerkbau aufgesetzt. Während der aus Bruchsteinen errichteten Unterbau zur kühlfeuchten und dunklen Lagerung von Obst und Gemüse sowie zum Räuchern genutzt wurde, dienten die beiden darüber liegenden Geschosse als Kornboden.

Die repräsentativ gearbeitete Fachwerkkonstruktion des Kornspeichers hat nahezu unverändert die letzten 300 Jahre überstanden. Die gesamte Holzkonstruktion wurde ursprünglich nur durch Holznägel zusammengehalten. Selbst die Bleiverglasung oberhalb der Belüftungsklappen sind noch nahezu vollständig erhalten. Lediglich eine Kopfband im Gebäudeinnern wurde bei einem Brand in den 40er Jahren des letzten Jahrhunderts  (während des heimlichen Schnapps brennens) zerstört. In den 50er Jahren nutzte man den Kornboden zur Lagerung von Tabackblättern. 


In den frühen 70er Jahren wurde im Vordergiebel (Nordseite) die mittig gelegene schwere zweiflügelige Zugangstür durch ein Garagentor und auf der Westseite eine kleine Luftöffnung durch ein breites Fenster ersetzt. Erst mit diesen baulichen Veränderungen war wieder eine sinnvolle Nutzung (als Autogarage und landwirtschaftliche Werkstatt) bis Ende der 90er Jahre möglich. Mitte der 80er Jahre wurden morsche Holzteile der Fachwerkfassade ersetzt, die instabile Statik des Holzgefüges durch eine Stahlkonstruktion stabilisiert und die Außenfassade durch Abdichtung und Anstrich gegen Wind und Wetter geschützt. Wachsende Autos und die Aufgabe der Landwirtschaft haben aber dazu geführt, dass das Gebäude zwischenzeitlich wieder nahezu ungenutzt ist. Andererseits zeigt insbesondere die Holzkonstruktion des oberen Giebels zur Südseite gravierende „Auflösungserscheinungen". Vor ca. 15 Jahren wurde deswegen bereits eine metallenes Stützkorsett von innen eingebaut. Ähnliches gilt für die Schwellhölzer oberhalb des Steinwerks auf der Westseite des Speichers.

Die vorliegende Planung zur Umnutzung des Kornspeichers ermöglicht den Umbau zu einer attraktiven sehr individuellen Ferienwohnung. Die Außenfassade kann im Zuge des Umbaus fachgerecht repariert werden, das Erscheinungsbild der Außenfassade mit seiner einmaligen Bleiverglasung bleibt nahezu unangetastet. Im Erdgeschoss wird durch den Rückbau des Garagentores die ursprüngliche Symmetrie des zweifach vorkragenden Knaggengiebels wiederhergestellt, auf der Westseite kann das mittig gelegene großformatige Fenster zu einer Tür mit einer davor gelegenen Terrasse erweitert werden. Der Umbau des Speichers wird sich nahezu vollständig auf das Gebäudeinnere unter Rücksichtnahme auf die beeindruckende Holzkonstruktion konzentrieren. 

Im November 2020 wurden die Umbauarbeiten mit dem Abbruch des zur Wetterseite gelegenen morschen Südgiebels begonnen. Im Anschluss hat der Zimmermann aus dem eingeschnittenen Eichenholz (der im Winter 2016 am Waldrand gefällten ca. 200 Jahre alten Stileiche) den Aufbau des neuen Giebels begonnen. Pünktlich zum Weihnachtsfest 2020 konnten die Fachwerk- und Dachdeckerarbeiten abgeschlossen werden. 

Im Februar 2021 wurden die fast einen Meter dicken Bruchsteinwände des mittelalterlichen Steinwerks von innen und außen von seiner (in der Mitte des letzten Jahrhunderts aufgebrachten) Putzschicht befreit. Dadurch tritt jetzt wieder das äussere Erscheinungsbild des Steinwerks mit der aufgesetzten Fachwerkkonstruktion in seiner ursprünglichen Schönheit hervor. Auch wurde das Ende der 60er Jahre im Nordgiebel eingebaute Garagentor wieder auf eine breite Eingangstür aus Eichenholz zurückgebaut. 

 

Im Sommer 2021 hat der Innenausbau des alten Kornspeichers begonnen. Dieser hat zum Ziel, möglichst viel an historischer Bausubstanz sichtbar zu lassen. So bleiben im Zuge der Umnutzung u.a. die ursprünglichen Holzdecken mit den knorrig alten Eichendielen, die wunderschönen Kopfbänder des Kornbodens und die alte Treppe im Erdgeschoss für das Auge erhalten. Auch die alten Lüftungsklappen mit den kleinen bleiverglasten Fenstern im oberen Teil wurden restauriert oder originalgetreu nachgebaut und schmücken jetzt wieder den Kornspeicher. Im Gebäudeinneren kommen wieder die ökologisch nachhaltigen diffusionsoffenen Baustoffe Holz, Kalk und Lehm zum Einsatz. Im Frühjahr 2022 haben die ersten Arbeiten zur Herrichtung der Außenanlagen begonnen. Im Herbst konnten zumindest die Fachwerkfelder mit einem Kalk- bzw. Lehmputz (auf den alten Lehmfeldern) vor Schlagregen geschützt werden. 

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